Worldcafé „Lebensläufe“

Nun geht es in die Tiefen der Lebensläufe-Biografien: was sind das für Menschen in den Lebensläufen? Was bewegt mich?

Schauen Sie sich im Vorfeld die Lebensläufe-Videos an:

(https://www.meintestgelaende.de/author/conrad/).

Kurzbeschreibung/ Ziel

Das Worldcafé ist eine Methode, die sehr gut geeignet ist, in einem einladenden Setting in moderierter Weise als Gruppe miteinander ins Gespräch und so in einen vertrauensvollen Austausch zu kommen. Unterschiedliche Sichtweisen können hier zur Sprache kommen, und es wird eine gemeinsame Reflexion über ein verbindendes Thema ermöglicht.

Eventuell ist diese Methode den meisten eher als Methode aus der Erwachsenenbildung bekannt, doch sie ist sehr einfach umzusetzen und bietet gleichzeitig viel Gestaltungsfreiheit und hat somit auch in der Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen absolut ihre Berechtigung.

Ein Worldcafé wird hier angewendet, um Jugendliche zu ermuntern, ihre eigenen Meinungen, Sichtweisen und Erlebnisse zu inhaltlichen Aspekten der einzelnen Lebensläufe-Videos einzubringen und zu erfahren, was andere darüber denken. All dies geschieht begleitet und in einem geschützten Rahmen, sodass schnell eine recht nahe und intensive Atmosphäre geschaffen werden kann. Ein tiefer, vertrauensvoller Austausch ist somit möglich.

Pro Worldcafé-Runde wird ein Lebensläufe-Video einer Person in den Mittelpunkt gestellt. An verschiedenen Café-Tischen wird sich zu Impuls-Fragen ausgetauscht. Impuls-Fragen zu den Videos von Jasmin, Tarik und Manuel werden hier zur Verfügung gestellt – selbstverständlich kann jede Fachkraft auch ein anderes Video in den Mittelpunkt stellen und hierzu selbstständig Impulsfragen erarbeiten.

Ein Worldcafé kann übrigens auch komplett digital veranstaltet werden und dies recht einfach über Zoom und Breakout-Sessions sowie einem Etherpad, also einem Dokument, an dem gemeinsam gearbeitet werden kann. Eine gute Anleitung ist hier in diesem Video zu finden: https://www.youtube.com/watch?v=34SE958TFL8

Zielgruppe

Für alle Altersgruppen anwendbar. Ob geschlechtsspezifisch oder -gemischt gearbeitet wird, ist frei wählbar. Wenn geschlechtsspezifisch gearbeitet werden soll, können einige Impulsfragen ggf. anders bearbeitet werden, da eine vertrautere Atmosphäre herrschen könnte und somit persönlichere Aspekte zur Sprache kommen könnten.

Gruppengröße

Ab ca. 12-15 Teilnehmenden geeignet, nach oben hin keine Grenze.

Material

Mindestens 3 Tische (Stehtische oder Tische mit Stühlen rundherum); auf jedem Tisch liegt ein Flipchartpapier oder der Tisch ist mit Packpapier o.ä. bezogen; Impuls-Fragen für den Austausch werden in die Mitte des Flipcharts geschrieben; mehrere Eddings unterschiedlicher Farben pro Tisch; zudem Café-Atmosphäre schaffen, z.B. mit Keksen auf dem Tisch, Getränke-Angebot im Raum, Tassen oder Gläser auf dem Tisch etc.

Vorbereitungen für die Workshopleitung

Jede Fachkraft sollte sich überlegen, ob sie für die Rolle der gastgebenden Person an den einzelnen Café-Tischen eine Person „mitbringt“. Z.B. weitere Fachkräfte oder Helfende, die hier bereit sind mitzuwirken. Diese Personen hätten an den Tischen ausschließlich die Aufgabe der Moderation und Dokumentation des Gesprächs. In der Ursprungsidee des Worldcafés werden diese Rollen unter den Teilnehmenden verteilt. Doch in diesem Kontext kann es sinnvoll sein, dass dies eine außenstehende Person übernimmt, damit die Teilnehmenden sich voll und ganz auf den Austausch und das Einbringen der eigenen Meinungen einlassen können. Zudem wird sichergestellt, dass grundlegende Gesprächsregeln stets beachtet werden.

Pro Tisch sollte mensch mindestens 4 Teilnehmende planen, d.h., wenn es 15 Teilnehmende gibt, sollte es 3 Café-Tische geben. Je mehr Teilnehmende, umso mehr Tische, Impuls-Fragen und Moderationen werden benötigt.

Ablauf

Der Anfang besteht darin, dass sich die Gruppe ein Lebensläufe-Video gemeinsam ansieht. Anschließend stellt die Workshopleitung allen die Methode Worldcafé vor. Ganz wichtig ist auch, ein paar Gesprächs- und Verhaltensregeln zu Beginn als Voraussetzung vorzustellen. Anregung dazu kann diese Liste sein: http://www.theworldcafe.com/key-concepts-resources/design-principles/

Nun werden die verschiedenen Fragen vorgestellt, die pro Tisch besprochen werden.

Dafür werden folgende Impuls-Fragen für folgende drei Lebensläufe-Videos zur Verfügung gestellt:

Lebensläufe Jasmin:

Tisch 1: Habt ihr das Gefühl, Jasmin ist glücklich und zufrieden? Woran macht ihr euren Eindruck fest?

Tisch 2:  Jasmin berichtet von Vorurteilen, denen sie als Berufskraftfahrerin begegnet:

  • Was denkt ihr, woher diese Vorurteile kommen und warum?
  • Wenn ihr ehrlich seid, habt ihr auch solche Gedanken bzgl. Frauen in diesem Beruf gehabt?

Tisch 3: Wie würde es dir gehen und was würdest du tun, wenn du einen innigen Berufswunsch hast, und dein Vater oder deine Mutter raten dir dringend davon ab? Bzw. hast du dies schon erlebt?

Tisch 4: Was beeindruckt dich an Jasmin? Was hingegen würdest du komplett anders machen?

Lebensläufe Tarik:

Tisch 1: Tarik nennt seinen Weg hin zu seinem großen Ziel, Moderator zu werden, einen „Hin- und Herweg“. Siehst du seinen Weg auch als „hin und her“ an? Welches sind deine „Hin- und Herwege“?

Tisch 2: Er beschreibt, dass er einiges auf sich genommen hat, um da hin zu kommen, wo er jetzt ist. Hast du auch ein großes Ziel in deinem Leben? Wenn ja, welches ist es und was hast du alles unternommen oder unternimmst du, um es zu erreichen?

Tisch 3: Tarik scheint ziemlich ehrgeizig zu sein, denn er sagt, dass er wohl nie vollkommen zufrieden sein wird mit dem, was er erreicht hat und dass er immer noch eine Schippe draufsetzen möchte. Kennst du dieses Gefühl bei dir selbst auch? Wann und in welchem Zusammenhang?

Tisch 4: Wenn du Tarik treffen oder sprechen könntest – was hat dich an ihm neugierig gemacht? Was würdest du ihn gerne mal fragen bzw. worüber würdest du dich mit ihm unterhalten wollen? (Wenn noch Zeit ist – er ist gut im Netz zu finden! Wollt ihr jetzt oder im Anschluss mit ihm versuchen Kontakt aufzunehmen und im diese Fragen stellen?)

Lebensläufe Manuel:

Tisch 1: Manuel lebt sein Leben sehr intuitiv und sagt, dass er es schön findet, „Zeit für andere Dinge gehabt zu haben und nicht so straight gegangen zu sein.“ Kannst du das nachvollziehen? Ist dir das auch wichtig?

Tisch 2: Manuel sagt zu seiner Ausbildung, dass er sie nicht ausgewählt hat, um dann sein Leben lang Erzieher zu sein. Wie ist es bei dir bezüglich Berufswunsch oder den Beruf, den du evtl. schon gewählt hast – ist dein Ziel, in diesem „alt“ zu werden? Wenn ja, warum – wenn nein, warum nicht?

Tisch 3: Im Video ist immer mal wieder die Rede von einem „typischen oder klassischen Lebenslauf“ – was versteht Manuel darunter? Was verstehst du darunter?

Tisch 4: Was von Manuels Lebensweg macht dir Mut? Gibt es auch etwas, was dich irritiert und was du anders siehst als er?

Lebensläufe FaulenzA

Tisch 1: FaulenzAs ist Trans*aktivistin – ihr Leben ist sehr geprägt von ihrem Trans*-sein. Siehst du „Aktivist*in“ als einen Beruf an, auch wenn es keine klassische Lohnarbeit darstellt?

Tisch 2: Die Musik und künstlerischen Talente von FaulenzA haben einen hohen Stellenwert in ihrem Leben. Hast du auch ein Talent, welchem du viel Raum gibst in deinem Leben? Vielleicht auch so viel Platz, dass andere Schritte im Leben (wie beispielsweise Ausbildung, Studium o.ä.) hinten anstehen müssen?

Tisch 3: FaulenzA ist arbeitsunfähig, das heißt, sie wird ihr Leben lang keiner klassischen Erwerbsarbeit nachgehen (müssen). Siehst du ihre Biografie und ihren Lebensinhalt dennoch als „erfüllt“ und „erfüllend“ an? Wie würde es dir gehen, wenn du in deinem Leben mit dem Thema Arbeitsunfähigkeit zu tun hättest?

Tish 4: Wie ordnest du aus gesellschaftlicher Sicht FaulenzAs Lebensweg ein? Hat er einen Mehrwert für die Gesellschaft, auch wenn sie z.B. keine Steuern zahlt?

Lebensläufe Ayman

Tisch 1: Ayman hat sich in Deutschland ein komplett neues Leben aufgebaut. Kannst du dich ansatzweise in ihn hineinversetzen – wie würde es dir an seiner Stelle gehen?

Tisch 2: Denkst du, dass Vorurteile und/oder Rassismus Aymans Lebensweg in Deutschland erschweren, auch wenn er es nicht explizit im Video erwähnt? In welchen Lebenssituationen könnte das der Fall sein?

Tisch 3: Welche anderen Biografien von jungen Geflüchteten kennst du persönlich? Wie erging es ihnen bisher in Deutschland?

Tisch 4: Was müsste aus deiner Sicht für junge Geflüchtete in Deutschland besser laufen, dass ihnen ein Neustart einfacher oder besser gelingen kann?

Die Teilnehmenden begeben sich nun zu dem Tisch, dessen Impulsfrage sie am meisten interessiert. Haben sich alle verteilt, begrüßt die Tischmoderation alle, ermöglicht eine kurze Kennenlernrunde und eröffnet dann den Austausch. Gleichzeitig dokumentiert die Moderation zentrale Diskussionsstränge auf dem Flipchart in der Mitte. Die Teilnehmenden können natürlich ebenfalls Dinge notieren oder ergänzen und so bei der Gestaltung der Flipchart mitwirken.

Nach 15-30 Minuten wird ein erster Wechsel eingeläutet, nun begeben sich alle Teilnehmenden zu einem anderen Tisch, die Aufteilung erfolgt wieder frei nach Interesse.

Haben sich alle Teilnehmenden an einem neuen Tisch eingefunden, fasst die Moderation den bisherigen Austausch an diesem Tisch zusammen, ermöglicht erneut eine kurze Vorstellungsrunde und eröffnet den weiteren Austausch.

Wie oft ein weiterer Wechsel stattfinden soll, ist frei wählbar, allerdings ist zu beachten, dass bei einer kleinen Gruppe maximal zwei Wechsel stattfinden sollten, da dann alle Teilnehmenden die Chance hatten, sich zu allen Fragen einmal auszutauschen.

Abschluss und Vorstellung der Gespräche: Zum Schluss werden alle Flipcharts oder „Tischdecken“ im Raum aufgehängt und alle Teilnehmenden können sich die Dokumentationen durchlesen. Zudem können entweder die Moderationen oder eine aus der letzten Austauschrunde zu bestimmende Person die Gesprächsinhalte zusammenfassen und der gesamten Gruppe vorstellen.