Der Mann spielt eine Rolle – ein Theaterstück

Peer to peer ist eine sehr effektive Methode, mit Jugendlichen über sensible Themen wie Männlichkeit zu sprechen

Was ist eigentlich männlich? In einem Theaterworkshop auf dem #gelände ist dieses kleine Theaterstück entstanden: Als die Jungs den großen Bruder fragen, was es heißt, männlich zu sein, kommt er ganz schön ins Schwitzen. Möglichst tief sprechen, niemals duschen und keine Gefühle zeigen – das kann doch nicht alles sein?!? Die Jungs finden dieses Männerbild zum Heulen und wir finden, damit lässt sich vortrefflich mit Jungen zum Thema Männlichkeit arbeiten: witzig aber auch auf den Punkt. Gar nicht so einfach, „ein richtiger Mann“ zu werden.

Ziel der Einheit ist eine gedankliche Auseinandersetzung mit Männlichkeit und den damit verbundenen Bildern, den möglichen Klischees dazu sowie den damit verbundenen Normvorstellungen. Die Einheit soll das Thema entspannen und entspinnen!

Bevor Sie mit dieser Einheit mit Jugendlichen arbeiten, sehen Sie sich das Video an und lesen Sie ergänzend die Zusammenfassung der Inhalte.

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https://youtu.be/5NuYuDJgi20

Was passiert im Video?

A. sitzt in seiner Wohnung, zündet sich eine Zigarette an und bewundert sich selbst. Es klopft an der Tür, drei jüngere Jungs treten ein, A.s Freunde oder Brüder.

Schüchtern fragen ihn seine Freunde, ob er schon mal eine Freundin hatte. A. bejaht und ergänzt stolz, dass er sogar schon zwei hatte. P. fragt A., wie es denn sei, eine Freundin zu haben. Seine Antwort: „Wenn du eine Freundin hast, musst du sie auf jeden Fall beschützen können.“ Darauf meint einer der Freunde zu P., dass er eben trainieren solle.  „Aber was auch wichtig ist: ihr müsst auf jeden Fall männlich sein!“ Nach einem zustimmenden Raunen fragt  P., was es denn heiße, männlich zu sein.

A. antwortet nachdem er länger zögert: „Männlich sein bedeutet immer tief zu sprechen.“ Zuerst kreischen seine Freunde hoch, dann wechseln sie schuldbewusst in eine tiefe Lage und geben ihm Recht.

A. führt weiter aus: „Männlich sein bedeutet auch, nicht so viel Zuneigung zu zeigen.“ und deutet auf die drei, die sehr nahe beieinander sitzen und sich teilweise berühren. Darauf springen die drei auseinander. „Männlich sein heißt auch, so zu riechen wie ein Mann“, ergänzt A., woraufhin die drei beginnen, an sich und dem Nachbarn zu schnuppern. „Du riechst wie ein echter Mann, “ ruft einer, darauf dieser: „Ich hab auch noch nicht geduscht.“

A.: „Männlich sein bedeutet, sich immer zu prügeln!“ Daraufhin schlägt P. seinem Nachbarn auf den Oberschenkel, der schmerzerfüllt aufschreit. P. entschuldigt sich und bläst sanft auf den Schlag, sein Nachbar vergibt ihm und sie umarmen sich zum Trost. J. erinnert sie, dass sie keine Zuneigung zeigen sollen, worauf sie sich wieder ganz schnell trennen.

„Aber das Allerwichtigste ist: Keine Gefühle zeigen!“ schließt A. J. fragt A., ob es nicht schwer sei, keine Gefühle zu zeigen. A. hält inne und beginnt dann plötzlich zu weinen und heult: „Eigentlich ist das ziemlich anstrengend!“ Seine Freunde finden lachend, dass er wie ein Lappen weint, aber beginnen dann selber lauthals zu weinen.

A. ruft, er will sich nicht prügeln, P. erwidert, dass er das auch nicht wolle, denn es sind sowieso alle stärker als er. J. möchte duschen gehen. Die drei Freunde stehen auf und umarmen A. und sich gegenseitig.

Worum es geht: In dem Theaterstück unterhalten sich die Jungen darüber, was eigentlich männlich ist. Die Jüngeren orientieren sich dabei an dem deutlich älteren A., der ist sich seiner Männlichkeitsvorbildrolle durchaus bewusst. Mit dem Stilelement der Übertreibung stellen die Jungen Männlichkeitserwartungen und eigene Wünsche gegenüber und machen deutlich, dass beides oft nicht zusammen passt.

Mit wem können Sie mit dem Video arbeiten?

Die Einheit eignet sich für Jugendliche ab 15 Jahren.

Wenn Sie mit einer geschlechtervielfältigen Gruppe arbeiten, achten Sie darauf, dass neben den Jungen auch die Jugendlichen anderer Geschlechter Raum für Antworten bekommen. Wichtig dabei ist, dass es zu keinem „Mädchen gegen Jungs“ oder zur Ausgrenzung anderer Geschlechter kommt. Moderieren Sie unterstützend. Die Jungs sollen nicht das Gefühl bekommen, sich für Männlichkeit rechtfertigen zu müssen, da das Ziel ja eine Auseinandersetzung mit dem Thema ist und keine Festschreibungen stattfinden sollten.

Bei einer Jungengruppe ist ein vorheriges längeres Kennen untereinander nicht unbedingt Voraussetzung, sofern eine vertrauensvolle Atmosphäre in der Gruppe besteht oder hergestellt werden kann.

In sich schon länger bekannten Gruppen kann ggf. Vertrauen schneller hergestellt werden, andererseits kann es zu Verstärkungen des eigenen Männlichkeitsverständnisses kommen, weil die Jungen in der Gruppe bereits ihre (Männlichkeits)rollen eingenommen haben.

In einer Jungengruppe, in der sich noch nicht alle gut kennen, besteht die Möglichkeit, dass sich einzelne nicht zu Wort melden, um nicht das „Falsche“ zu sagen. Hier eignet sich die Formulierung, dass es nichts „Falsches“ oder „Richtiges“ zu dem Thema gäbe, sondern es zu einer inhaltlichen Diskussion zum Thema Männlichkeit kommen soll.

Generell eignen sich Einzel- und Paararbeiten sehr für solche Settings.

Insgesamt sollen die hier vorgestellten Methoden auch dazu führen, dass Jugendliche gleichwertig die Möglichkeit erhalten, sich mit dem Thema Männlichkeit zu beschäftigen.

Was Sie als Fachkraft im Vorfeld bedenken sollten

Alleine arbeiten als männliche Fachkraft:

Wenn Sie das Thema „Männlichkeit“ zur Diskussion stellen, ist es wichtig, dass Sie sich im Vorfeld selbst darüber Gedanken machen, um sich Ihre eigenen Positionen zu Männlichkeit bewusst zu machen und auf etwaige Fragen der Teilnehmenden antworten zu können. Bleiben Sie in den Diskussionen ergebnisoffen und bewerten Sie nicht einzelne Meinungen, das passiert vermutlich in der Gruppe selber und dieser Diskussionsprozess ist der wesentliche Kern der Einheit. Durch Ihre Verstärkung bzw. Schwächung der Meinung einer teilnehmenden Person leiten Sie die Gruppe zu sehr in ihren Aussagen. Ihre persönliche Meinung hingegen kann eine erweiternde Perspektive eröffnen. Wenn Sie beispielsweise Väterkarenz/Elternzeit von Vätern und (ver)sorgende Männer als positiv empfinden, kann dies Teilnehmende dazu bringen, selber darüber nachzudenken.

Alleine Arbeiten als weibliche Fachkraft:

Ihnen wird als weibliche Fachkraft vermutlich eher eine Außensicht auf das Thema „Männlichkeit“ zugesprochen. Nichtsdestotrotz haben Sie ebenfalls Erfahrung mit dem Thema und es kann für Jungen sehr interessant sein, eben diese Gedanken zu hören, da sie als Fremdwahrnehmung eingestuft werden kann. Wenn Sie Ihrer Meinung positive Momente hinzufügen, werden vermutlich auch kritische Ansichten besser aufgenommen.

Arbeiten als Fachkräfte in gemischtgeschlechtlichen Teams:

Achten Sie auf die Genderperformance in Ihrem Team und diskutieren Sie im Vorfeld Ihre Standpunkte zum Thema „Männlichkeit“. Im Gespräch mit den Jugendlichen ist es hilfreich, wenn Sie die Meinung Ihrer Kolleg*innen stehen lassen und im Fall eines konträren Standpunkts Ihre Sichtweise als ergänzende Meinung dazusagen.