Thema Transidentität – eine Einführung

Wenn wir pädagogisch zum Thema trans* arbeiten, dann geht es immer um Sichtbarkeit, Anerkennung, Zugehörigkeit, Empathie und Verstehen

Die nachfolgend beschriebenen Einheiten bauen auf den Beiträgen auf, die Jugendliche zur Thematik geschlechtlicher Vielfalt – und hier insbesondere zur Transidentität – auf der Website www.meinTestgelaende.de veröffentlicht haben (https://www.meintestgelaende.de/schlagwort/trans/). Darin erzählen sie von ihren eigenen Erfahrungen als transidente, non-binäre oder genderfluide Menschen, von Herausforderungen, Hemmnissen, Stärken und Hoffnung auf ihrem persönlichen Lebensweg. Sie zeigen: „Hier bin ich. Und ich bin richtig so, wie ich bin!“ Sie schreiben, sprechen, singen an gegen Unverständnis, Geringschätzung, Mobbing und Gewalt – und gegen Zuschreibungen, die versuchen, sie in ein normatives Korsett ausschließlicher Zweigeschlechtlichkeit (Heteronormativität) einzupassen, dem sie nicht entsprechen können oder/und wollen. Und sie setzen sich mit Fragen auseinander wie „Wie wollen wir leben?“, „Was ist wirklich wichtig?“, „Was bedeutet es, wenn das Geschlecht nicht mehr wichtig wäre?“, „Wie können wir Hass und Gewalt begegnen?“

Die Auseinandersetzung mit diesen und ähnlichen Fragen ist Inhalt von Jugendbildungsarbeit in ganz unterschiedlichen Kontexten. Sie als Pädagog*in suchen nach Methoden zur Vermittlung Ihrer Inhalte. Sie fragen sich vielleicht: 

  • Wie kann ich die Beiträge auf meinTestgelaende.de für meine Bildungsangebote nutzen? 
  • Für die Vermittlung welcher Themen kann ich sie sinnvoll einsetzen? 
  • Wie kann ich erreichen, dass „meine“ Jugendlichen sich von den Beiträgen berühren lassen und Verständnis entwickeln für Lebens- Fühl- und Denkweisen, die nicht ihre sind? – oder
  • Wie kann ich sie ermutigen, sich mit eigenen Denkmustern, (Vor-) Urteilen aber auch mit Bedürfnissen und Gefühlen auseinanderzusetzen? 

Ein zentrales Ziel der Website meinTestgelaende.de ist das Sichtbarwerden der Autor*innen, der einzelnen Beiträge mit ihren spezifischen Lebenslagen und Fragen, mit ihrem Ringen um ein authentisches Leben und mit ihren Stärken. In ihrer Vielfalt stehen sie für viele tausende Jugendliche, die ähnliche – oder eben auch ganz andere – Erfahrungen machen. 

Gesehen und verstanden werden sind für die meisten Menschen wichtige Bedürfnisse. Ihre Erfüllung stärkt und macht Mut, den eigenen Weg weiter zu gehen. Ganz besonders trifft dies auf Menschen zu, die aufgrund ihres vermeintlichen „Andersseins“ vielfältige Erfahrungen von Geringschätzung und Ausgrenzung machen mussten bzw. die sich immer wieder entsprechenden Gefahren ausgesetzt sehen. 

Sehen und Verstehen – Wahrnehmung, Empathie und Anerkennung – sind auf der anderen Seite jedoch auch fundamentale soziale Kompetenzen, ohne die ein achtungsvolles und befriedigendes Miteinander nicht möglich wäre. 

Anerkennung“ meint die Bereitschaft, den anderen Menschen in seiner Einzigartigkeit, seinem jeweiligen Sosein – das sich immer von meinem Sosein unterscheidet(!) – stehen zu lassen und ihm auf Augenhöhe zu begegnen.

Empathie“ bezeichnet die Bereitschaft und die Fähigkeit, die Welt aus der Sicht meines Gegenübers zu sehen und nachzuempfinden, was ihre/seine spezifischen Erfahrungen für ihn*/sie* bedeuten. Empathie holt mich aus der Beobachter*innenposition und führt mich in die unmittelbare Begegnung. Empathie stellt eine Erfahrung dar, die mich selbst berührt und verändert. Und dies ermöglicht Lernen.

Verstehen erfordert aber auch Wissen, um Gehörtes, Gesehenes, Erlebtes einordnen zu können. Im Zusammenhang mit Geschlechtlicher Vielfalt ist es z.B. wichtig zu wissen, wovon wir überhaupt sprechen, wenn wir von Geschlecht oder Geschlechtsidentität sprechen. Aber auch das Wissen um Lebens- und Konfliktlagen von transidenten (Kindern und) Jugendlichen oder zu den Herausforderungen des Transitionsweges trägt zum Verständnis bei.

In den nachfolgend beschriebenen Einheiten werden Beiträge von meintestgelaende.de vorgestellt und Möglichkeiten zur pädagogischen Arbeit mit Jugendlichen erörtert.